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Russland führt die Militäroperation weiter, auch wenn der Westen Langstreckenraketen liefert

Nach Panzern und Kampfflugzeugen fordert Kiew nun auch Raketen mit einer Reichweite von über 500 Kilometer vom Westen. Experten sind sich sicher, dass sie für Angriffe auf das russische Territorium eingesetzt werden. An der Zielsetzung der Militäroperation würde dies nichts ändern, erklärte Moskau.
Russland führt die Militäroperation weiter, auch wenn der Westen Langstreckenraketen liefertQuelle: AFP © THOMAS COEX

Von Alexander Karpow und Ekaterina Kijko

Die Erwägungen des Westens, Langstrecken an das Kiewer Regime zu liefern, würden Russland verpflichten, die Spezialoperation in der Ukraine fortzusetzen. Dies erklärte der Pressesprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow, in der Sendung Moskau.Kreml.Putin des Fernsehkanals Rossija-1. Der Kremlsprecher erklärte:

"Wir müssen unsere Sache kennen, unsere Sache tun und unsere Sache bis zum Ende machen. Wir haben keine andere Alternative."

Peskow erinnerte daran, dass die westlichen Staaten bereits eine Diskussion über die Lieferung von Langstreckenraketen an Kiew eröffnet haben.

"Tatsächlich werden immer leistungsstärkere Waffen geliefert. Jetzt erleben wir beginnende Diskussionen über Lieferungen von Raketen mit einer Reichweite von 500 und mehr Kilometer, beispielsweise aus Frankreich. Das sind qualitativ ganz andere Waffen, die, sagen wir so, zu einer weiteren Steigerung der Eskalationsspirale führen werden", betonte Peskow.

Aufrüstung mit Raketen

Im Verlauf der letzten Monate hatte das Kiewer Regime neben anderen Waffen Lieferungen von Langstreckenraketen vom Westen gefordert. Dabei übergaben einige westliche Staaten an die Ukraine bereits Raketen mit einer größeren Reichweite als diejenigen, über die Kiews Militär zuvor verfügte.

So übergab Großbritannien Marschflugkörper mit größerer Reichweite vom Typ Storm Shadow, die von der Firma MBDA hergestellt werden. Angaben dazu bestätigte am 11. Mai der britische Verteidigungsminister Ben Wallace während eines Auftritts vor der unteren Kammer des britischen Parlaments. Ihm zufolge betrage die Reichweite dieser Raketen 250 bis 300 Kilometer.

Das ukrainische Militär griff mit diesen Raketen sogleich zivile Ziele in Lugansk ein: Am 12. Mai feuerte die Ukraine Storm Shadow gegen die Polymerfabrik "Polipak" und die Fleischfabrik "Milam" ab. Gleichzeitig gelang es der russischen Luftabwehr, einige britische Raketen abzufangen.

Nach Großbritannien verkündete auch Frankreich seine Absicht, Raketen an das Kiewer Regime zu liefern. Dies erklärte am 16. Mai Präsident Emmanuel Macron in einer Sendung des französischen Fernsehkanals TF1. Macron nannte keine konkreten Modelle, die sein Land der Ukraine zu übergeben plant, es sei allerdings bekannt, dass die französische Armee über Raketen vom Typ SCALP-EG verfüge, deren technische Daten der britischen Storm Shadow entspreche.

"Wir haben beschlossen, die Lieferungen auszuweiten, neue Munition zu schicken, neue Raketen, die eine Reichweite haben, die es der Ukraine erlaubt, Widerstand zu leisten und diese Gegenoffensive zu führen", sagte Macron in einem Interview mit französischen Medien. Dabei behauptete Frankreichs Staatschef, dass Paris keine Waffen an Kiew liefere, die Angriffe auf Ziele in Russland ermöglichen würden. "Wir liefern keine Waffen, die russisches Territorium erreichen können. Manchmal muss man einen Schlussstrich ziehen", sagte er.

Deutschland seinerseits meldete, dass es eine offizielle Anfrage von Kiew mit der Bitte erhalten habe, Marschflugkörper des Typs Taurus KEPD 350 mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometer zu liefern. Dies wurde zunächst Ende Mai von deutschen Medien berichtet, später wurde die Information vom deutschen Verteidigungsministerium bestätigt.

"Vor Kurzem erhielten wir von der ukrainischen Seite die Anfrage", berichtete die Pressesprecherin des Bundesverteidigungsministeriums der Nachrichtenagentur AFP. Dabei nannte sie keine Einzelheiten, etwa, wie viele Raketen die ukrainische Regierung angefordert hat.

Moskau hatte bereits erklärt, dass die Lieferung von Langstreckenwaffen an das Kiewer Regime Russland nicht zwingen wird, die Spezialoperation zu beenden, sondern deren Geografie ausweiten werde. Dies sagte der russische Außenminister Sergei Lawrow in einem Interview der Chefredakteurin von RT, Margarita Simonjan, am 20. Juli 2022. Lawrow betonte:

"Wir können nicht zulassen, dass sich in jenem Teil der Ukraine, der von Selenskij oder seinem etwaigen Nachfolger kontrolliert wird, Waffen befinden, die eine direkte Bedrohung für unser Territorium und für die Territorien derjenigen Republiken darstellen, die ihre Unabhängigkeit erklärten und ihre Zukunft selbstständig bestimmen wollen."

Die gleiche Position vertrat Russlands Präsident Wladimir Putin in seiner Rede bei der Föderationsversammlung.

"Eines sollte allen klar sein: Je größer die Reichweite der westlichen Waffensysteme ist, die in der Ukraine ankommen, desto mehr werden wir gezwungen, die Bedrohung weiter von unseren Grenzen zu verschieben. Das ist natürlich", sagte der russische Staatschef und fügte hinzu, dass Russland nicht auf dem Schlachtfeld besiegt werden könne.

Zusätzliche Möglichkeiten

Kiew benötigt Raketen mit großer Reichweite speziell für Angriffe auf russisches Territorium, denn für Ziele im Gebiet der militärischen Sonderoperation sei ihre Reichweite zu übermäßig, sagte der Leiter des Zentrums für komplexe europäische und internationale Forschungen der Wirtschaftshochschule Moskau, Wassili Kaschin, in einem Gespräch mit RT.

"Der Wunsch nach Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometer und mehr zeugt von Kiews Absicht, Raketenangriffe tief in altrussisches Territorium zu führen, da diese Reichweite für Angriffe auf Ziele in der speziellen militärischen Operationszone zu groß ist. Dies wird aber nur dazu führen, dass Russland seinerseits beschließt, zusätzliche Möglichkeiten zu nutzen, die vorher nicht eingesetzt wurden. Wenn diese Rakete außerdem für Angriffe auf strategische Ziele genutzt werden, die weit im russischen Gebiet liegen und mit der Befehlsführung und der russischen strategischen Infrastruktur zusammenhängen, ist anzunehmen, dass es zu einer Ausweitung des Konflikts kommt, denn Russland wird darauf reagieren müssen", betonte der Experte.

In Bezug auf die Abwehr solcher Waffen verwies der Experte darauf, dass russische Luftabwehrsysteme bereits mehrmals westliche Raketen abgefangen hätten. Dennoch könne kein System ein einwandfreies Resultat garantieren, weswegen die Vernichtung der gegnerischen Waffen vor ihrem Einsatz das effektivste Bekämpfungsmittel bleibe.

"Ein Luftabwehrsystem könnte einen möglichen Angriff schwächen, garantiert aber niemals einen hundertprozentigen Schutz. Ein hundertprozentiger Schutz wird nur durch eine Vernichtung derjenigen gegnerischen Kräfte gewährleistet, die diese Angriffe unternehmen, oder derjenigen Kräfte, die diese Angriffe lenken und steuern", bemerkte Kaschin.

Es sei offensichtlich, dass Kiew alle erhaltenen Waffen für Angriffe auf russisches Territorium nutzen werde, was Russland verpflichtet, um eine Demilitarisierung der Ukraine im Rahmen der speziellen Militäroperation zu kämpfen, bemerkte in einem Gespräch mit RT der Militärexperte Oberst a. D. Wiktor Litowkin.

"Mit den vom Westen gelieferten Waffen werden unsere Städte und unsere Zivilisten angegriffen werden. Diese Waffen werden nicht dafür geschickt, um sie an der Front einzusetzen. Sie werden zum Beschuss unserer friedlichen Städte – Donezk, Lugansk, Belgorod – eingesetzt. Deswegen besteht der einzige Weg, die Waffenlieferungen an Kiew aufhören zu lassen, darin, die vom Präsidenten am 24. Februar 2022 gestellten Aufgaben zu erfüllen: die Sicherheit unserer Territorien zu gewährleisten, die Ukraine zu demilitarisieren und zu denazifizieren", betonte Litowkin.

Der Experte hat keine Zweifel daran, dass der Westen letztlich beschließt, auch Raketen mit mittlerer und großer Reichweite an die Ukraine zu liefern, wie zuvor schon die Lieferung von Panzern und Kampfflugzeugen beschlossen wurde. Dabei äußerte er die Meinung, dass russische Systeme Raketen, deren Lieferung an Kiew der westliche Block beabsichtigt, abfangen und vernichten können.

"Unsere Luftabwehrsysteme sind sehr effektiv und effizient. Sie haben ihre Leistungsfähigkeit sowohl gegen ukrainische als auch gegen westliche Raketen mehrmals unter Beweis gestellt", schlussfolgerte Litowkin.

Übersetzt aus dem Russischen.

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