Lateinamerika

Die Oligarchie hat gesiegt: "Extrem Rechter" gewinnt Präsidentenwahl in Guatemala

Im Gegensatz etwa zu Venezuela fristet Guatemala ein Nischendasein im westlichen Medienorbit. Dies verwundert auf den ersten Blick, böte doch auch Guatemala genügend Anlass, sich um die Bevölkerung zu "sorgen". Jetzt haben die Guatemalteken einen neuen Präsidenten gewählt.
Die Oligarchie hat gesiegt: "Extrem Rechter" gewinnt Präsidentenwahl in GuatemalaQuelle: AFP

Im Gegensatz zur Regierung Maduros herrscht in Guatemala eine US-freundliche Regierung. Die entsprechende Entwicklung begann im Jahr 1954, als Washington die Regierung von Präsident Jacobo Arbenz – zum Teil aufgrund seiner Verstaatlichung des Vorläufers von "Chiquita", der berüchtigten United Fruit Company - stürzte.

Was ab 1960 folgte, war ein Bürgerkrieg, der erst 1996 durch die Unterzeichnung eines Friedensvertrages formell für beendet erklärt wurde. Bis dahin hatte der Krieg mehr als 200.000 Menschen das Leben gekostet und über eine Million Flüchtlinge geschaffen.

Auch aktuell beherrschen Gewalt, Armut und Korruption als Folgen der neoliberal geprägten Sozial- und Wirtschaftspolitik den Alltag der Guatemalteken. Aufgrund dessen verlassen jeden Monat Tausende Menschen Guatemala, um ein besseres Leben zu suchen. Für den ehemaligen Präsidenten Morales, der ein umstrittenes Migrationsabkommen mit den USA auf den Weg brachte, wurde nun ein Nachfolger gewählt.

Der Politiker Alejandro Giammattei von der Partei Vamos, die der "extremen Rechten" zugerechnet wird, ist der neue Präsident Guatemalas. Das Wahlamt erklärte ihn per vorläufigem Ergebnis vom Sonntagabend zum Sieger der Stichwahl gegen die frühere Präsidentengattin Sandra Torres, die für die Sozialdemokraten angetreten war. Nach Auszählung fast aller Stimmen lag der frühere Chef der Gefängnisverwaltung faktisch uneinholbar bei rund 58 Prozent.

Giammattei wird somit im kommenden Januar für vier Jahre das Amt des Staats- und Regierungschefs als Nachfolger von Jimmy Morales antreten. Die Verfassung erlaubt keine Wiederwahl.

Morales gratulierte Giammattei in einer Fernsehansprache.

Der Moment Gottes ist gekommen", sagte Giammattei, der bereits bei den drei vorherigen Präsidentenwahlen angetreten war, vor Journalisten. "Wir werden das Land wiederaufbauen."

Torres hatte die erste Wahlrunde am 16. Juni mit fast 26 Prozent der Stimmen gewonnen. Ihre sozialdemokratische Partei UNE wurde bei der gleichzeitigen Parlamentswahl die mit Abstand stärkste Kraft im Kongress des mittelamerikanischen Landes. Giammattei kam als Kandidat seiner Partei Vamos auf knapp 14 Prozent. Weil kein Bewerber eine absolute Mehrheit erreichte, kam es zur Stichwahl zwischen den beiden 63-Jährigen.

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Gegen Sandra Torres sprach nach Ansicht von Experten der Verdruss vieler Wähler über die traditionellen politischen Eliten, zu denen sie gehört. Dieser äußerte sich auch in der niedrigen Beteiligung an der Stichwahl von deutlich unter 50 Prozent.

Die "Politikverdrossenheit" kommt nicht von ungefähr. Laut der Zeitung Prensa Libre leben 59,3 Prozent der guatemaltekischen Bevölkerung in Armut und 23,4 Prozent in extremer Armut. Fast die Hälfte der Bevölkerung ist chronisch unterernährt. Bei Kindern unter fünf Jahren weist das Land den höchsten Wert in Lateinamerika auf, gefolgt von Honduras mit 22 Prozent. Für die indigene Bevölkerungsschicht sind die Zahlen noch düsterer. Bis zu 80 Prozent sind mangelernährt.

Gegen Torres wird wegen des Vorwurfs illegaler Wahlkampffinanzierung ermittelt. Aber auch Giammattei hatte bereits Ärger mit der Justiz: Wegen eines blutigen Einsatzes der Sicherheitskräfte in einer Haftanstalt im Jahr 2006 - während seiner Zeit als Chef der nationalen Gefängnisverwaltung - saß er fast ein Jahr lang in Untersuchungshaft. Letztlich wurde Giammattei aber freigesprochen.

Kriminalität, Arbeitslosigkeit und Korruption spielten Umfragen zufolge für die Wähler eine große Rolle. Ein wichtiges Thema ist außerdem das umstrittene Migrationsabkommen mit den USA, das die Regierung vor zwei Wochen unterzeichnet hatte. Demnach können Migranten, die auf dem Weg in die USA Guatemala betreten haben, kein Asyl in den USA beantragen, sondern müssen dies in Guatemala tun.

Davon betroffen wären vor allem Menschen aus Honduras und El Salvador. Aus den beiden Ländern und aus Guatemala kommt die Mehrheit der Zehntausenden Migranten, die jeden Monat über Mexiko in die USA einzureisen versuchen. Giammattei lehnt das Abkommen ab - ebenso wie Torres. Es wird vor Guatemalas Verfassungsgericht angefochten.

Ein weiteres kontroverses Erbe der Morales-Regierung ist die Nichtverlängerung des Mandats der Internationalen UN-Kommission gegen Straflosigkeit (Cicig). Diese hat zusammen mit der Staatsanwaltschaft entschlossen gegen den sogenannten "Pakt der Korrupten" aus Politikern, Unternehmern und Militärs ermittelt und erstaunliche Erfolge erzielt. Nun soll sie ihre Arbeit einstellen, nachdem sie auch vor der Morales-Familie nicht halt gemacht hatte. Das Mandat der Cicig läuft am 3. September aus. Giammattei hat sich nicht für eine Verlängerung ausgesprochen.

Ob sich durch die Wahl Giammatteis für die Mehrheit der Bevölkerung etwas ändern wird, ist fraglich. Beide Kandidaten gehören zu der etablierten Politelite des mittelamerikanischen Landes. Eine Reformagenda ist nach Einschätzung der lateinamerikanischen Presse weder von Torres noch von Giammattei zu erwarten, heißt es bei Amerika 21.

Beide Kandidaten zählen zur Oligarchie Guatemalas und eines scheint gewiss: Den Segen Washingtons hat der neue Staatspräsident Guatemalas.

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(rt deutsch/dpa)

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