Europa

Proteste in Prag mit 100.000 Teilnehmern: "Wir holen uns unser Land zurück!"

Demonstranten auf dem Wenzelsplatz in Prag haben den Rücktritt der Regierung gefordert. Inflation, Energiepreise und Angst vor einer drohenden Deindustrialisierung trieben die Proteste an. Tschechiens Ministerpräsident Fiala sieht aber nur russische Desinformation.
Proteste in Prag mit 100.000 Teilnehmern: "Wir holen uns unser Land zurück!"Quelle: AP © Petr David Josek

Bei einer großen Kundgebung auf dem Prager Wenzelsplatz forderten nach offiziellen Angaben mehr als 70.000, nach Angaben der Organisatoren aber 100.000 Teilnehmer den Rücktritt der Regierung. Die Kundgebung fand nur einen Tag nach einem Misstrauensantrag gegen die Regierung unter Ministerpräsident Petr Fiala im tschechischen Parlament statt, der aber scheiterte.

Die größte Oppositionspartei ANO hatte nicht mit aufgerufen. Hinter der Kundgebung stand ein Bündnis, das von Konservativen bis zur Kommunistischen Partei reicht. Hauptauslöser der Proteste dürfte die wirtschaftliche Lage im Land sein. In Tschechien beträgt die Inflation 17,2 Prozent. Es sind nicht nur die Energiepreise, die die Inflation antreiben, sondern auch die Preise für Lebensmittel sind deutlich gestiegen.

Tschechien hat im Vergleich zu seinen Nachbarländern bis heute vergleichsweise viel Industrie wie zum Beispiel die inzwischen zum Volkswagenkonzern gehörenden Skoda-Werke sowie chemische Industrie. Diese Industrie ist nicht anders als in Deutschland durch den Energiemangel existenziell bedroht. Zudem wird das Land, das keine Verbindung zum Meer hat, bei Verzicht auf Öl und Gas aus Russland hinsichtlich seiner Energieversorgung völlig auf das Wohlwollen der Nachbarn angewiesen sein. Zudem hat Tschechien mit seinen 11 Millionen Einwohnern 400.000 Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen.

Die Regierung in Prag trägt den Kurs der EU zur Gänze mit. Das lässt sich auch an der Reaktion des tschechischen Ministerpräsidenten auf die Proteste erkennen. "Es ist klar, dass russische Propaganda und Desinformationskampagnen wiederholt auf unserem Gebiet auftauchen, und mancher unterliegt ihnen einfach", sagte Fiala. Auch Innenminister Vít Rakušan sah nicht zunehmende materielle Not, sondern Putin hinter dem Protest. "Die Gesellschaft zu spalten ist eines der Ziele der hybriden Kriegsführung, mit der wir es zu tun haben. Wir dürfen ihn das nicht tun lassen. Darum arbeiten wir an Lösungen, die die Zukunftsangst der Menschen mindern werden. Aber diese Lösungen liegen nicht darin, sich Putins Russland anzunähern, darin stimme ich mit den Sprechern nicht überein."

Nach den Vorstellungen der Organisatoren soll jeder tschechische Haushalt Anspruch auf drei Megawattstunden kostenlosen Strom haben. Zudem war eine der Forderungen des Bündnisses, seine Vertreter müssten ermächtigt werden, Verträge über Energielieferungen zu schließen.

"Wir holen uns unser Land zurück", sagten sie zu Beginn der Kundgebung, die dreieinhalb Stunden währte. Im Aufruf zu der Kundgebung ging es auch um militärische Neutralität und den Verlust der Souveränität an supranationale Strukturen. "Die Tschechische Republik muss sich von der direkten politischen Unterordnung unter die EU, die WHO und die UN befreien", hieß es in dem Aufruf.

"Wenn die Regierung nicht bis zum 25. September zurücktritt", so die Organisatoren, "erklären wir gemäß der Verfassung der Tschechischen Republik das Recht auf Protest bei einer landesweiten Demonstration und verkünden Maßnahmen, den Rücktritt zu erzwingen. Wir verhandeln bereits mit Gewerkschaften, Unternehmen, Bauern, Bürgermeistern, Transporteuren und anderen Organisationen, einen Streik zu erklären", warnten sie.

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