Streit um das Kiewer Höhlenkloster: Ukrainisch-Orthodoxe Kirche unterliegt vor Gericht
Ein Gericht in Kiew hat am Donnerstagabend einer Klage der staatlichen Verwaltung des Architekturreservats gegen die Mönche des Kiewer Höhlenklosters und die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (Moskauer Patriarchats) stattgegeben. Die Mönche und die Kirche, deren Verwaltung sich seit Ende der 1980er Jahre in dem weltberühmten Klosterkomplex befindet, werden in dem Urteil verpflichtet, "Hindernisse für die Nutzung des Grundstücks zu beseitigen", mit anderen Worten, das Gelände und die Bauten zu räumen.
Am Vorabend hatte ein Vertreter der staatlichen Verwaltung vor Gericht erklärt, die Mönche hätten "keine Gründe, um in den Räumlichkeiten zu bleiben und zu wohnen". Wie der Anwalt der kanonischen Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK), Erzpriester Nikita Tschekman, feststellte, ist das Kloster für viele der Brüder der einzige und ständige Wohnsitz.
Der Vorsitzende der Synodalabteilung des Moskauer Patriarchats für die Beziehungen zwischen Kirche und Gesellschaft und Massenmedien, Wladimir Legoida, sagte seinerseits, dass ein solcher Schritt nicht nur darauf abziele, die Mönche des Kiewer Höhlenklosters aus ihren Mauern zu vertreiben, sondern auch das Ziel verfolge, die kanonische Ukrainisch-Orthodoxe Kirche zu zerstören.
Zuvor hatte das Kiewer Wirtschaftsgericht die Klage des Klosters der UOK gegen die Kündigung des Pachtvertrages durch die staatliche Verwaltung abgewiesen. Der vollständige Text der Gerichtsentscheidung wird beiden Parteien frühestens am 17. August zur Verfügung stehen.
Nach Bekanntwerden des Urteils hat die staatliche Verwaltung ein Verbot erlassen, das ab Freitag, 7:00 Uhr, das Betreten des noch im Besitz der UOK verbliebenen Teils des Klostergeländes ("untere Höhlen") durch Gläubige verbietet. Ausgenommen sind nur Priester, Mönche und Angestellte des Männerklosters. Auch Studenten der Kiewer Theologieschulen, die auf dem Gebiet der Lawra studieren und leben, dürfen das Klostergelände nicht mehr betreten. Die UOK weist in einer diesbezüglichen Presseerklärung darauf hin, dass die Studenten keinen anderen Ort haben, um die Nacht zu verbringen, und dass sich in den Herbergen auf dem Gebiet der "unteren Höhlen" ihre persönlichen Gegenstände befinden.
Der stellvertretende Direktor des Architekturreservats, Maxim Ostapenko, hat in den Kommentaren auf seiner Facebook-Seite öffentlich erklärt, dass Gläubige, die dem Verbot zuwiderhandeln, mit Wasser aus einem Feuerwehrschlauch vom Gelände vertrieben werden sollen.
Aus den großen Kirchen des oberen Klostergeländes wurde die UOK bereits im Verlauf des Frühjahrs verdrängt.
Die neue Runde des Konflikts um das Weltkulturerbe Kiewer Höhlenkloster (auch als Lawra von Kiew-Petschersk bekannt) begann im März dieses Jahres, nachdem das ukrainische Kulturministerium den Pachtvertrag gekündigt und die Mönche der UOK aufgefordert hatte, das Kloster bis Ende des Monats zu verlassen. Wie der Leiter des Ministeriums, Alexandr Tkatschenko, erklärte, hätten sie jedoch bleiben können, wenn sie sich bereit erklärt hätten, zur schismatischen "Orthodoxen Kirche der Ukraine" zu wechseln.
Die UOK erklärte damals, dass der Pachtvertrag nicht einseitig gekündigt werden könne und dass es kein Gerichtsurteil in dieser Angelegenheit gebe. Metropolit Pawel, der Abt des Klosters, versicherte, dass die Brüder bis zum Ende durchhalten würden. Später wurde der Abt unter dem Vorwurf der Anstiftung zu interreligiösem Zwist und der Unterstützung des russischen Vorgehens unter Hausarrest gestellt. Nach seinen Angaben wurde ihm angeboten, alle Anschuldigungen fallen zu lassen, wenn die Mönche zur schismatischen Neugründung übertreten würden.
Das Kiewer Höhlenkloster (russisch Kiewo-Petscherskaja Lawra, ukrainisch Kiewo-Petscherska Lawra) wurde im 11. Jahrhundert gegründet und ist eines der wichtigsten Zentren der russischen und ostslawischen Orthodoxie und Aufklärung. Auf dem Gelände des Klosters sind die sterblichen Überreste verehrter Heiliger und berühmter historischer Persönlichkeiten begraben.
Während der Sowjetzeit war das Kloster geschlossen, es wurde aber noch in der späten Sowjetzeit für Gottesdienste zugänglich gemacht. Seit 1988 befindet es sich im faktischen Besitz der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche, der größten Konfession des Landes. Der ukrainische Staat hat sich jedoch stets geweigert, das Eigentum am Komplex an die Orthodoxe Kirche, den von den Sowjets enteigneten Alteigentümer, rückzuübertragen, sodass die Nutzung des Komplexes durch Kirche und Mönche stets als Pachtverhältnis geregelt war.
Im Jahr 1990 nahm die UNESCO das Kloster auf die Liste des Weltkulturerbes auf. Der Klosterkomplex wurde seitdem vorrangig mit Mitteln der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche und ihrer Gläubigen rekonstruiert, wiederaufgebaut und instand gehalten. Auch die im Zweiten Weltkrieg zerstörte größte Kirche des Komplexes wurde auf diese Weise mit kirchlichen Mitteln wiederaufgebaut. Seit 1994 ist Metropolit Pawel der Vorsteher des Höhlenklosters.
Seit dem Sieg des nationalistischen Maidan im Februar 2014 steht die kanonische Ukrainisch-Orthodoxe Kirche wegen ihrer traditionellen, wenn auch in letzter Zeit eher symbolischen Zugehörigkeit zum Moskauer Patriarchat (die UOK ist seit 1990 mit weitgehender Selbstverwaltung ausgestattet) unter massivem Druck. Zwei Abspaltungen wurden von den neuen Machthabern seitdem unverhohlen bevorzugt und mit staatlichen Mitteln bedacht, etwa im Rahmen der Einführung der Militärkapläne. Ungehindert, zum Teil sogar mit staatlicher Unterstützung, ergreifen Anhänger der Abspaltungen unter Einsatz von Gewalt Besitz von Kirchen und verdrängen die traditionellen Gemeinden.
Ende 2018 wurden die Abspaltungen unter der Schirmherrschaft des damaligen Präsidenten Poroschenko zur "Orthodoxen Kirche der Ukraine" vereinigt, die 2019 von dem Patriarchen von Konstantinopel als "unabhängig" anerkannt wurde. In der orthodoxen Weltkirche ist dieser Akt umstritten und wird teilweise als ein nicht kanonischer Eingriff in den Hoheitsbereich des Moskauer Patriarchen verurteilt. Unter ukrainischen Gläubigen hat die Neugründung bislang nur beschränkten Erfolg.
Seit 2018 gibt es wiederholt Bestrebungen und politische Initiativen, die Klöster der Ukraine an die neu gegründete Nationalkirche zu übertragen. Wladimir Selenskij, der sich in den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit sichtbar aus dem konfessionellen Konflikt heraushielt, hat sich nach Beginn der russischen militärischen Intervention im Februar 2022 offen dazu bekannt, die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche vernichten zu wollen.
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