Meinung

US-Kriegspläne und -Terroranschläge gegen Venezuela enthüllt

Die Vereinigten Staaten sehen sich gern als glänzendes Vorbild, als Leuchtturm der Freiheit und globaler Kämpfer für die Demokratie. Wie schmutzig und menschenverachtend es tatsächlich hinter den Kulissen der Macht in Washington zugeht, das hat jetzt ein Top-Insider enthüllt.
US-Kriegspläne und -Terroranschläge gegen Venezuela enthülltQuelle: Gettyimages.ru © Tetra Images

von Rainer Rupp

Die Enthüllungen des Insiders schockieren mit Details über Kriegspläne und Terroranschläge des US-Oligarchen-Regimes gegen die Demokratie in Venezuela. Mit Blick auf die Ukraine führt das die ganze moralische Verkommenheit der sogenannten "westlichen Wertegemeinschaft" vor Augen.

"Ein heiliger Eid: Erinnerungen eines Verteidigungsministers während außerordentlichen Zeiten" ("A Sacred Oath: Memoirs of a Secretary of Defense During Extraordinary Times") heißt das Mitte Mai erschienene Buch von Mark Esper, der von 2019 bis 2020 Präsident Donald Trumps Verteidigungsminister war. In dem Buch enthüllt der Autor nicht nur, dass die Trump-Regierung eine Invasion Venezuelas, sondern auch die Ermordung von Präsident Nicolás Maduro sowie die Durchführung einer Welle von Terroranschlägen auf die zivile Infrastruktur des Landes geplant hatte. Außerdem wurde die Aufstellung einer Söldnerarmee für den Einsatz in Venezuela in Angriff genommen, um einen Terrorkrieg im Contra-Stil zu führen, wie in Nicaragua Anfang der 1980er-Jahre unter Präsident Ronald Reagan. Zugleich bestätigt Esper auch Washingtons Beteiligung an der Operation Gideon – einer verpfuschten militärischen Invasion Venezuelas – und an einem Attentat auf Maduros Leben im Jahr 2018.

Die Eingeständnisse Espers zu Venezuela handeln von Ereignissen, die bis vor Kurzem noch von der US Regierung und den Westmedien als Fake News oder Verschwörungstheorien bezeichnet wurden. Entsprechend sind westliche Medien auf dieses Kapitel des Esper-Buches überhaupt nicht eingegangen. Stattdessen haben sie die Rezensionen des Buches, das in weniger als einem Monat auf die Bestsellerliste der New York Times katapultiert wurde, voll und ganz auf Espers Total-Verriss seines ehemaligen Chefs Trump konzentriert.

In der Rezension des Wall Street Journal, die von Amazon zur Bewerbung des Buches übernommen wurde, heißt es unter anderem:

"Immer wieder zeigt er (Esper), wie die Unaufmerksamkeit des Präsidenten (Trump), die Ignoranz, die Neugier, die Doppelzüngigkeit und die mangelnde Bereitschaft, Verantwortung für harte Entscheidungen zu übernehmen, die Vereinigten Staaten in Gefahr brachten."

Damit bestätigt Esper – allerdings ungewollt – den lang gehegten Verdacht, dass die Falken im Weißen Haus, z. B. John Bolton als Nationaler Sicherheitsberater oder die Kriegstreiber in den US-Ministerien wie Ex-CIA-Chef und Trumps Außenminister Mike Pompeo, den Präsidenten in politischen Entscheidungen marginalisieren und austricksen konnten.

Obwohl in den westlichen Medien über den Venezuela-Teil in Espers Buch kaum berichtet wird, haben seine Eingeständnisse in der südamerikanischen Nation einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Diego Sequera, ein in Caracas ansässiger investigativer Journalist, sagte z. B. MintPress News (MintPress NewsMPN – ist laut Wikipedia eine linksextreme US-Webseite, die im Januar 2012 ins Leben gerufen wurde. Aus der Mainstream-Sicht – von Wikipedia – deckt die Seite politische, wirtschaftliche und internationale Fragen ab und verteidigt dabei die Positionen von Russland, Iran und Syrien und berichtet über "geopolitische Ereignisse aus einer antiwestlichen Perspektive"), dass allerdings nur wenige Südamerikaner von den Enthüllungen überrascht waren. "Es ist in gewisser Weise schockierend. Aber auf der anderen Seite ist es für uns hier ziemlich üblich", sagte er und fügte hinzu:

"Die Nachrichten sind überhaupt nicht überraschend; wir in Venezuela sind daran gewöhnt. Seit 2004, als die erste kolumbianische paramilitärische Einheit mit dem Plan zur Ermordung von Präsident Hugo Chávez verhaftet wurde, gab es viele Enthüllungen dieser Art."

In dem Buch erinnert Esper auch daran, dass Trump den selbst ernannten venezolanischen Interimspräsidenten Juan Guaidó als Ehrengast zu seiner Rede zur Lage der Nation im Jahr 2020 eingeladen hatte, in der Guaidó als "der wahre und legitime Präsident" Venezuelas bezeichnet und von Republikanern und Demokraten gleichermaßen mit stehenden Ovationen gefeiert wurde.

Über das persönliche Treffen von Trump und Guaidó nach der Rede berichtet damals die Westpresse als "Austausch über Maßnahmen zur Erreichung von Demokratie und Freiheit in Venezuela". Espers Bericht zeigt jedoch, dass sich das Gespräch um etwas viel Dunkleres drehte, nämlich um eine US-Invasion des Landes. Trump habe Guaidó laut Esper direkt gefragt: "Was wäre, wenn das US-Militär dorthin ginge und Maduro loswürde?" Das Angebot war Musik in den Ohren des Venezolaners, der antwortete: "Natürlich würden wir US-Hilfe immer begrüßen." Zu diesem Zeitpunkt hatte Guaidó bereits vier Staatsstreiche versucht, bei denen er jedes Mal das Volk und das Militär auffordert hatte, zu rebellieren und sich ihm anzuschließen, aber die Leute waren zu Hause geblieben.

Espers Bericht stimmt mit dem aus einem früheren Buch von Trumps Nationalem Sicherheitsberater John Bolton überein. In "The Room Where It Happened: A White House Memoir" behauptet Bolton, Trump habe gesagt, dass es "cool" wäre, in Venezuela einzumarschieren, weil es "wirklich Teil der Vereinigten Staaten" sei.

Laut Espers Buch hatte die Invasionsidee einige lautstarke Unterstützer im Raum, darunter Mauricio Claver-Carone, leitender Direktor des Nationalen Sicherheitsrates, und Robert O'Brien, zu diesem Zeitpunkt Trumps nationaler Sicherheitsberater. Esper hatte das Gefühl, dass Claver-Carones Urteilsvermögen durch seine persönliche Investition in die Untergrabung des lateinamerikanischen Sozialismus getrübt wurde, da er so war, wie er war, ein Mitglied der virulent antikommunistischen kubanischen Gemeinschaft in Miami, die wegen ihrer Emigranten oft als antikommunistische "Hauptstadt Lateinamerikas" bezeichnet wird und von wo aus seit Jahrzehnten eine starker Druck auf Washington ausgeht, härter gegen Kuba, Venezuela und andere linkslastige Länder Lateinamerika vorzugehen.

Esper schreibt jedoch, er sei höchst beunruhigt gewesen über die Aussicht auf einen militärischen Sumpf bei einer Invasion in Venezuela, und er habe zu Recht vermutet, dass Guaidó Unterstützung im Land weit weniger stark war, als dieser vorgab. Esper habe dann Trump gesagt, die venezolanische Opposition würde im Fall einer Invasion nur "bis zum letzten Amerikaner kämpfen". Als er Guaidó direkt fragte, ob "sein Volk" bereit wäre, sich zu organisieren, zu trainieren und zu kämpfen, lautete die Antwort: "Es wäre so viel einfacher und schneller, wenn die USA dies für uns tun würden."

Die Operation Gideon

Statt einer Invasion regulärer US-Streitkräfte haben dann Esper und der Oberste US-Militär, der Vorsitzende der Joint Chiefs of Staff, General Mark Milley, vorgeschlagen, eine Armee von Söldnern aufzustellen, um einen Terrorkrieg gegen die venezolanische Bevölkerung zu führen, ähnlich dem, was die USA mit den Contras in Nicaragua gemacht hatten. Wie Esper schrieb:

"General Milley dachte auch, wir sollten uns irreguläre Kriegsführungsoptionen ansehen, wie die Ausbildung und Bewaffnung venezolanischer Emigranten durch die USA. Die Vereinigten Staaten haben eine lange Geschichte mit dieser Art von Operationen. Es war eine Idee, die es wert war, entwickelt zu werden. Milley und ich hatten das schon mehrmals diskutiert."

Guaidós Team sei jedoch mehr daran interessiert gewesen, geheime Pläne zu diskutieren, von denen selbst Esper nichts gewusst habe. An einem Punkt habe sich einer von Guaidós Kollegen nach vorne gelehnt und gesagt: "Wir haben einige Pläne, von denen Sie [die US-Regierung] wissen, dass wir daran arbeiten; aber sind einfach noch nicht fertig." Er gab einen kurzen Hinweis auf Florida und teilte ein Lächeln, ein Nicken und einen wissenden Blick mit Claver-Carone.

Später habe Esper diese Episode als Hinweis auf die Operation Gideon verstanden, die den Versuch darstellte, mithilfe einer halb privaten Söldnerfirma in Florida eine amphibische Invasion Venezuelas durchzuführen, sich in den Weg in den Präsidentenpalast freizuschießen, Maduro gefangen zu nehmen oder zu "entfernen" und Guaidó als "Präsidenten" zu installieren.

Die Operation Gideon wurde nur wenige Wochen nach dem Treffen durchgeführt und scheiterte spektakulär, da die schwer bewaffneten Söldner überwältigt wurden, noch bevor sie das Land erreichten, als verärgerte Hummerfischer des örtlichen Fischereikollektivs sie mit nichts weiter als Fischermessern und alten Revolvern entwaffneten. Die Veranstaltung wurde seitdem als "Trump's Bay of Piglets" bekannt, als "Trumps Schweinchen-Bucht".

Während die Operation mit außergewöhnlicher Inkompetenz durchgeführt wurde, sollte die Schwere des Ereignisses nicht unterschätzt werden. Guaidó selbst hatte einen Vertrag mit der SilverCorp USA unterzeichnet, einer mit Trump verbundenen Söldnerfirma, der besagte, dass die Gruppe nach dem Aufstand zu Guaidós persönlicher Todesschwadron werden sollte, mit der Macht, alle Menschen aus dem Weg zu räumen oder zu ermorden, die sich der neuen Regierung widersetzen. Für diesen Service versprach Guaidó der SilverCorp eine anfängliche Summe von rund einer Viertelmilliarde Dollar. Der Deal wurde in Trumps Villa Mar-a-Lago in Florida unterzeichnet. Die US-Soldaten, die an der verpfuschten Operation teilnahmen, wurden zu 20 Jahren Haft in einem venezolanischen Gefängnis verurteilt.

"Ich war überhaupt nicht überrascht von Mark Espers Enthüllungen, angesichts der langen und schmutzigen Geschichte der Destabilisierung von Regierungen, die nicht nach ihrem Geschmack sind", zitiert MintPress News Steve Ellner, ein pensionierter Professor für Wirtschaftsgeschichte und Politikwissenschaft an der Universidad de Oriente in Venezuela.

Ellner, ein US-Amerikaner, der seit über 40 Jahren in Venezuela lebt und den Anstieg der Spannungen zwischen den beiden Nationen genau untersucht hat, fügte hinzu:

"Espers Enthüllungen führen zwangsläufig auch zu der Schlussfolgerung, dass Washington an dem gescheiterten Drohnenangriff im August 2018 beteiligt war. Die Drohne war bei einer öffentlichen Veranstaltung explodiert, bei der Maduro, seine Frau Celia Flores und verschiedene hochrangige Militärkommandeure getötet werden sollten."

Auch das Buch von Trumps bereits erwähntem Ex-Sicherheitsberater Bolton deutet auf die Beteiligung der USA an dem Attentat von 2018 hin, das Bolton selbst als "urkomisch" bezeichnet. Kurz nach dem Versuch forderte Trump Bolton auf, "es zu erledigen" – "es" bedeutet die Entfernung von Maduro. "Dies ist das fünfte Mal, dass ich darum bitte", habe Trump hinzugefügt.

Das Terrorkommando

Espers Memoiren zeigen auch, dass hochrangige US-Beamte oft und ganz offen über die Durchführung von Wellen von Terroranschlägen auf die venezolanische zivile Infrastruktur sprachen, eine Enthüllung, die ein neues Licht auf eine Reihe von höchst verdächtigen Explosionen, Bränden, Stromausfällen und anderen Missgeschicken in Venezuela wirft. Diese Ereignisse hatte die Maduro-Regierung den Vereinigten Staaten angelastet, aber westliche Medien wiesen diese Vorwürfe routinemäßig als Verschwörungstheorien zurück.

Esper behauptet in seinem Buch, dass ein Mitarbeiter des Weißen Haues O'Brien am 9. Juni 2020 einen Militärschlag gegen einen Küstenhafen Venezuelas vorgeschlagen habe, der einen Großteil der Ölimporte und -exporte des Landes abwickelte. "Das Mittel könnte entweder ein Luftangriff oder der Einsatz von Navy SEALs sein", habe O'Brien vorgeschlagen. Der Effekt wäre, "die Energieversorgung weiter zu stören und mehr Unruhe zu provozieren". Laut Esper lehnte die Gruppe den Plan zugunsten eines koordinierten Cyberangriffs auf kritische venezolanische Infrastrukturen ab.

Zehn Tage später stimmte die US-Regierung (einschließlich Esper) jedoch der Entwicklung von "kinetischen und nichtkinetischen Optionen", um "Venezuelas Öl- und Waffenlieferungen zu stören. Die Optionen müssten Maßnahmen umfassen, die sich wesentlich auf wichtige industrielle und andere hochwertige Ziele auswirken würden."

Nur wenige Wochen nach dieser Entscheidung wurde der ehemalige US-Marine- und CIA-Agent Matthew Heath vor Venezuelas größtem Ölraffineriekomplex verhaftet. Als er festgenommen wurde, hatte Heath eine Maschinenpistole, einen Granatwerfer, vier Blöcke C4-Sprengstoff, ein Satellitentelefon, Stapel von US-Dollar und detaillierte Informationen über den Komplex bei sich. Sowohl die US-Regierung als auch die US-Medien haben Heaths Prozess wegen Terrorismus und Waffenhandel weitgehend ignoriert, was stark darauf hindeutet, dass er tatsächlich auf frischer Tat ertappt worden war, während er "offizielle Angelegenheiten" erledigt hatte.

Trump durchschaute Guaidó

Während Trump in der Öffentlichkeit Loblieder auf Guaidó sang und ihn als den wahren Führer eines freien Venezuelas unterstützte, sagte er hinter verschlossenen Türen genau das Gegenteil. Laut Esper hielt Trump Guaidó für einen bemerkenswert "schwachen" Politiker, insbesondere im Vergleich zum "starken" und "harten" Maduro.

Boltons Buch erwähnt auch, dass Trump schnell sauer auf Guaidó war, aber intensiv an dessen junger und hübscher Frau interessiert blieb. Nach mehreren gescheiterten Staatsstreichen bezeichnete Trump Berichten zufolge Guaidó als den "Beto O'Rourke von Venezuela" – was darauf hindeutet, dass er in Guaidó jemanden sah, der gut reden kann, aber keine Substanz oder Unterstützung hinter sich hat.

Letztlich scheint Trumps Urteil über Guaidó besser gewesen zu sein als das seiner Berater und Minister. Nach einer Reihe von gescheiterten Staatsstreichen und Veruntreuungsskandalen scheint selbst die geringe Unterstützung, die Guaidó in Venezuela hatte, total versickert zu sein. Laut MintPress News zeigen jüngere Umfragen, dass er nur noch von vier Prozent der venezolanischen Öffentlichkeit unterstützt wird. Während die Bevölkerung weiterhin unter US-Sanktionen leidet, lebt Guaidó unverändert ein Leben in extremem Luxus, hauptsächlich von venezolanischen Geldern, die von den USA beschlagnahmt und dem angeblich "einzigen rechtmäßigen Präsidenten Venezuela" zur Verfügung gestellt wurden.

An diesem Punkt in der Geschichte Venezuela sei Guaidó "nur noch ein Witz", erklärte der bereits zitierte pensionierte US-Professor Ellner. Beim venezolanischen Volk sei er "völlig diskreditiert", und selbst die Führer der Hardliner-Fraktion der Opposition hätten sich bereits von ihm distanziert, was noch mehr bei der anderen Hälfte der organisierten Opposition der Fall sei, die den Dialog mit der Regierung Maduro bevorzuge.

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