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Wer gehen will, muss zahlen: Russland fordert von seinen Zöglingen, die Schulden zu begleichen

Der russische Staat finanziert großzügig die Ausbildung von Sportlern, Musikern, Wissenschaftlern und Kunstschaffenden. Viele erwidern das mit grobem Undank, ziehen weg und hetzen aus dem Ausland gegen Russland. Das kann man machen, aber bitte erst die in die Ausbildung investierten Mittel zurückerstatten!
Wer gehen will, muss zahlen: Russland fordert von seinen Zöglingen, die Schulden zu begleichenQuelle: Sputnik © Dmitrij Makejew, RIA Nowosti

Von Irina Alksnis, RIA Nowosti

Der russische Eiskunstlaufverband hat dem Zentrum für sportliche Ausbildung der russischen Nationalmannschaften die Haushaltsmittel zurückgegeben, die für die Ausbildung der russischen Meisterschaftsmedaillenträger Diana Davis und Gleb Smolkin, die ihre sportliche Staatsbürgerschaft gewechselt haben, bereitgestellt wurden. Der Verband hat dabei betont, dass die Eiskunstläufer selbst das für sie ausgegebene Geld zurückerstattet hätten.

In der Staatsduma wird derweil ein Gesetzesentwurf vorbereitet, um dieses Vorgehen zur Norm zu machen, also die Zahlung einer Entschädigung für ihre Ausbildungskosten seitens der Sportler, wenn sie ihre Staatsbürgerschaft wechseln.

Russland testet also weiterhin einen neuen Ansatz in öffentlichen Bereichen, die traditionell staatlich finanziert werden. Denn dieses Problem ist nicht nur für den Sport relevant. Wir haben eine ähnliche Situation in den Bereichen Kunst, Bildung, Kultur und Wissenschaft.

Einerseits kann die Bedeutung der Haushaltsfinanzierung für die Entwicklung der betreffenden Bereiche gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Dank ihr hat eine große und wichtige Schicht des gesellschaftlichen Lebens die Möglichkeit, sich stetig weiterzuentwickeln und hervorragende Ergebnisse zu erzielen. Es ist zum Beispiel kein Zufall, dass die russische Ballettschule die beste der Welt ist. Ballettunterricht ist extrem teuer, sodass er in den meisten Ländern der Welt nur Kindern aus wohlhabenden Familien vorbehalten ist. In Russland hingegen ist die staatliche Ballettausbildung kostenlos, was talentierten Kindern unabhängig vom Vermögen ihrer Eltern eine Aufstiegschance bietet. Infolgedessen bringt unser Land weiterhin Ballettstars in einer Zahl hervor, von der der Rest der Welt nicht zu träumen wagt.

Andererseits sind auch die Kosten eines solchen Ansatzes bekannt und sehr beeindruckend – vom banalen Braindrain (der Staat investiert viele Mittel in begabte junge Menschen, von denen einige nach ihrem Abschluss an den besten Universitäten ins Ausland abwandern) bis hin zu aktiv staatsfeindlichen Kräften, die sich traditionell aus Haushaltsmitteln finanzieren (dafür sind Kultur- und Kunstschaffende besonders bekannt).

Derzeit spitzt sich das Problem der Abwanderung von Sportlern zu, deren Ausbildung und Talentförderung der Staat großzügig finanziert hat, die aber nicht bereit sind, ihm in schwierigen Zeiten mit Loyalität zu danken.

Einfache Lösungen wie "es nicht zulassen" und Moralpredigten über Patriotismus sind jedoch unwirksam. Für die Lektion über die Gefahren stupider administrativer Verbote und ideologisierter Starrheit hat Russland einen hohen Preis, ebenso wie den Wert der Menschenrechte und Freiheiten, einschließlich der Glaubensfreiheit, der freien Wahl des Wohnsitzes schätzen gelernt. Diese Lehren darf das Land nicht über Bord werfen.

Infolgedessen denkt der Staat über neue, flexiblere Prinzipien der Arbeit im öffentlichen Bereich nach und führt sie ein. Idealismus und ideologische Dogmen wurden beiseite geschoben und der Pragmatismus betont: Wenn der Staat Geld in eine Person investiert, muss eine nützliche Gegenleistung erbracht werden. Im Falle von Sportlern ist dies die Vertretung des Landes bei Wettkämpfen. Wenn jemand seine Staatsbürgerschaft wechseln will, aus welchen Gründen auch immer, kann er das tun, wir halten niemanden mit Gewalt fest. Aber in diesem Fall muss er das Geld zurückzahlen, das der Staat für ihn ausgegeben hat.

Bei Vertretern der humanitären und kreativen Intelligenz hat sich der Status des ausländischen Agenten, der die Russophoben von allen Projekten mit staatlicher Beteiligung ausschließt, als sehr wirksam erwiesen. Ein Mensch hat das Recht, seine Überzeugungen zu haben und auszudrücken – auf eigene Kosten oder mit dem Geld privater Sponsoren. Der Staat seinerseits hat das Recht, seine Feinde nicht auch noch durchfüttern zu müssen.

Schließlich müssen Lösungen für das Problem der Abwanderung junger Fachkräfte gefunden werden. Eine mögliche Lösung wäre zum Beispiel die Verpflichtung für Studenten, deren Studium aus Haushaltsmitteln finanziert wird, mehrere Jahre in Russland zu arbeiten. Wollen sie vor Ablauf dieser Zeit ins Ausland gehen, müssen auch sie das für ihre Ausbildung aufgewendete Geld zurückzugeben. Oder wenn eine Person zunächst ins Ausland gehen will, ist es sinnvoll, gleich auf kommerzieller Basis zu studieren, um keine Schulden beim Staat zu haben.

Und auch hier gibt es keinen Zwang und keine administrativen Hindernisse, sondern nur einen fairen Deal mit dem Staat: Er investiert Mittel in Sie – Sie zahlen es ihm mit den Ergebnissen Ihrer Arbeit, Ihrer Kreativität, Ihren sportlichen Leistungen zurück. Und wenn Sie den Vertrag kündigen wollen, bevor die Verpflichtungen erfüllt sind, haben Sie das Recht dazu. Aber seien Sie so freundlich, die Rechnung dafür zu bezahlen.

Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist am 19. Juli auf ria.ru erschienen. 

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