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Die antisozialistische Resolution des US-Kongresses ist sowohl bedeutungslos als auch ironisch

Die parteiübergreifende Verurteilung der "Schrecken des Sozialismus" durch den US-Kongress entlarvt den amerikanischen Imperialismus und offenbart, wer den wahren Schrecken in der heutigen Welt verbreitet.
Die antisozialistische Resolution des US-Kongresses ist sowohl bedeutungslos als auch ironischQuelle: Gettyimages.ru © Foto von Aimee Dilger

Von Bradley Blankenship

Der neu gebildete 118. US-Kongress hat erst vor Kurzem seine Arbeit aufgenommen, aber bereits die wesentlichen Lösungen zu Fragen, die das amerikanische Volk wirklich beschäftigen, auf den Weg gebracht. Vor einigen Tagen verabschiedete das Repräsentantenhaus das Gesetz "H.Con.Res.9 – Denouncing the horrors of socialism" (Gesetz über die Verurteilung der Schrecken des Sozialismus), das auf eine parteiübergreifende Unterstützung stieß.

Dieser Beschluss ist an sich absolut symbolisch zu verstehen. Es wurde genau genommen nichts beschlossen, mit dem man gegen den "Sozialismus" vorgehen könnte. Er ist wahrscheinlich, dass nebst dem begleitenden Firlefanz, die Vorlage in erster Linie als Falle der Republikaner ersonnen wurde, ausgelegt für die Demokraten. Jene Demokraten, die gegen diese Gesetzesvorlage gestimmt haben – und es gab einige davon – werden in Zukunft bei Wahlkämpfen von ihren republikanischen Herausforderern damit konfrontiert werden.

Der Gesetzestext selbst ist ein absoluter Witz. Er beklagt die zig Millionen chinesische Todesopfer, die angeblich während dem von Mao Zedong angeordneten "Großer Sprung nach vorn“ verursacht wurden. Er listet eine Vielzahl von kommunistischen Staatsführern auf, die ähnliche Gräueltaten begangen haben sollen und behauptet zudem, dass Staaten wie Kuba und Venezuela einst wohlhabende Nationen waren, bevor sie der kommunistischen Ideologie zum Opfer fielen.

Ironischerweise haben viele der aufgelisteten "Opfernationen" wie Nordkorea, Nicaragua, Kuba und Venezuela tatsächlich wesentlich mehr unter dem amerikanischen Imperialismus als unter dem "Sozialismus" gelitten. Zum Beispiel haben die Amerikaner bei ihrem Feldzug in Korea Millionen von Menschen abgeschlachtet und praktisch jedes Gebäude im Norden des Landes, das höher als eine Etage war, dem Erdboden gleichgemacht. Die USA begingen dabei grausame Kriegsverbrechen und dachten sogar darüber nach, taktische Atomwaffen einzusetzen, um sowjetische und chinesische Versorgungslinien zu unterbrechen.

Mit Blick auf Kuba belastet allein das US-Embargo die kubanische Volkswirtschaft seit Jahrzehnten massiv. Dieses Embargo wird jedes Jahr von den meisten Ländern der Welt während der Generalversammlungen der Vereinten Nationen (UNGA) verurteilt, wobei sich regelmäßig selbst US-Verbündete diesen Verurteilungen anschließen. Die USA betreiben zudem einen Gulag in Guantanamo Bay, wo mutmaßliche Terroristen ohne ordentliches rechtliches Verfahren festgehalten werden.

Nicaragua steht seit Jahrzehnten unter einem nicht nachlassenden Druck eines von den USA unterstützten Terrorismus. In den 1980er Jahren verübten die von den USA unterstützten Contras unsägliche Verbrechen gegen die sandinistische Regierung von Präsident Daniel Ortega und die nicaraguanische Bevölkerung, und weigerten sich, an einem demokratischen Friedensprozess teilzunehmen. In diesen Jahren verloren die USA vor dem Internationalen Gerichtshof einen Gerichtsprozess, bei dem sie angeklagt wurden, nicaraguanische paramilitärische Einheiten finanziell zu unterstützen und die Häfen Nicaraguas vermint zu haben.

Was die Sowjetunion und die in der Resolution erwähnten Todesopfer betrifft, so war die UdSSR während ihrer Gründungsphase die wohl am stärksten sanktionierte Nation der Erde, während es gleichzeitig ein technologisch rückständiges Land voller innerer Widersprüche war. Zweifellos verloren in der frühen Phase der sich bildenden UdSSR Millionen von Menschen ihr Leben, meist aufgrund von Mangelernährung. Aber die Meinung, dass diese Hungersnöte künstlich herbeigeführt wurden, ist stark umstritten.

Das bedeutet jedoch nicht, dass die kommunistische Ideologie – vor allem wie sie im Ostblock existierte – perfekt war. Die kommunistische Ideologie osteuropäischer Prägung wurde von ständig zunehmenden Widersprüchen geplagt, die schließlich zu ihrem Zusammenbruch führten. Aber nur weil der Ostblock sich von der westlichen Welt isolieren wollte, wäre es auch nicht nötig gewesen, ihn in einen regelrechten Kerker zu verwandeln. Nicht alle Probleme, die der Sozialismus zu bewältigen hatte, können auf amerikanischen Einfluss zurückgeführt werden.

Trotzdem dürfen die Verbrechen des amerikanischen Imperialismus bei der Betrachtung der Geschichte der sozialistischen Bewegung nicht ignoriert werden. Hätte sie ohne Einmischung von außen gedeihen dürfen, hätten die repressiven Institutionen, die geschaffen wurden, um den Einfluss von außen zu unterbinden, wahrscheinlich nie existiert. Im Falle von Nicaragua war das ausdrückliche Ziel der US-Regierung, den sozialen Fortschritt im Land zu bremsen und die Sandinisten dazu zu zwingen, ihr Geld in das Militär zu stecken, wodurch die Bedingungen für soziale Unruhen geschaffen wurden.

Indem der US-Kongress die "Schrecken des Sozialismus" angeprangert hat, bewies er, dass der wahre Schrecken, der in der heutigen Welt existiert, der amerikanische Imperialismus und seine ungehemmte Neigung zu Unterwerfung und Beherrschung ist. Wie bereits erwähnt, werden diese Schrecken praktisch jedes Jahr vor der UNGA verurteilt – durch ein repräsentatives Gremium, das die Gesamtbevölkerung der Welt vertritt. Die USA sollten sich für jene Schrecken schämen, die sie in jenen Ländern verbreitet haben, die in diesem Gesetzentwurf aufgelistet wurden.

Was zudem die Schlussresolution des Gesetzes betrifft, die zum Widerstand gegen alle Formen sozialistischer Politik in den Vereinigten Staaten aufruft, so ist diese vor allem für das amerikanische Volk schrecklich. Während diese Entschließung weitgehend bedeutungslos bleibt, sind die von der sozialistischen Bewegung verfochten Ideale – allgemeine Gesundheitsversorgung, allgemeine Bildung, allgemeiner Elternurlaub und vieles mehr – Errungenschaften, die das amerikanische Volk dringend braucht und nach denen es sich sehnt.

Übersetzt aus dem Englischen.

Bradley Blankenship ist ein in Prag lebender amerikanischer Journalist, Kolumnist und politischer Kommentator. Er hat eine Kolumne bei CGTN und ist freiberuflicher Reporter für internationale Nachrichtenagenturen, darunter die Nachrichtenagentur Xinhua. Er twittert auf @BradBlank_

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