Meinung

Und es wird wieder nichts! Baerbocks Abfuhr in Indien

Baerbock besucht Indien. Sie wiederholt dort die Fehler, die sie bereits in anderen Ländern machte. Baerbock tritt fordernd und moralisierend auf. Eine Position, zu der Deutschland von außen betrachtet keinen Anlass hat.
Und es wird wieder nichts! Baerbocks Abfuhr in Indien© Carsten Koall

Von Gert Ewen Ungar

Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) hat es gleich doppelt schwer. Zum einen fehlt ihr jegliche Begabung für das Amt, das sie bekleidet. Diplomatie ist nicht ihr Ding, Rücksichtnahme schon gleich zweimal nicht und in wichtigen Momenten, wo es auf jeden Zwischenton ankommt, bekennt sich Baerbock dann zu Dingen wie der "Fressefreiheit", wie bei ihrem Antrittsbesuch in Moskau geschehen. Es passieren ihr peinliche Ausrutscher. Nun, sie kann es nicht und sie wird es auch nicht mehr lernen. Den Schaden hat Deutschland. 

Was man ihr zugutehalten muss, ist, dass sie in einem ausgesprochen schwierigen Umfeld agiert. Deutschland ist nicht nur wirtschaftlich im Decline. Generell sinkt das Ansehen der Bundesrepublik. Allerdings verdankt sich dieser Abstieg im Ansehen ganz zentral den doppelten Standards der deutschen Außenpolitik. Baerbock trägt also einen großen Teil selbst dazu bei, dass es für sie schwierig ist und auch schwierig bleibt. Ideologisch steht sie sich nicht nur selbst, sondern auch einer positiven Wahrnehmung Deutschlands im Ausland im Weg. 

Was man ihr weiterhin zugutehalten muss: Sie kann, ohne zu straucheln, eine Gangway hinabsteigen und macht zumindest in diesem Punkt manchem westlichen Staatenlenker etwas vor. Dass sie es kann, hat sie gerade in Indien bewiesen. Mehr wird sich von dieser Reise an positiven Begebenheiten allerdings nicht berichten lassen.

Schon im Vorfeld ist Baerbock dafür in ein auf weiter Flur ganz offen sichtbares und einsam stehendes Fettnäpfchen getreten. Bei seinem Besuch in Berlin im Oktober hat Baerbock gegenüber dem Außenminister Pakistans, Bilawal Bhutto Zardari, geäußert: "Deutschland spiele eine Rolle und habe eine Verantwortung in Kaschmir." Sie regte eine Initiative der Vereinten Nationen zur Beilegung des Kaschmir-Konflikts an und forderte weitere Gespräche zwischen den beiden Konfliktparteien Indien und Pakistan.

Zuvor hatte Indiens Innenminister Shah allerdings weitere Gespräche mit Pakistan ausgeschlossen. Indien betrachtet Kaschmir als Teil Indiens und sieht in den Äußerungen Baerbocks den Versuch einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes. Es war ein unnötiger Fauxpas. Es gehört zu den Aufgaben einer Außenministerin, über derartige Befindlichkeiten informiert zu sein. Für die deutsche Außenministerin ist es allerdings nicht ungewöhnlich, dass sie alles mitnimmt, was an Fehltritten und Ausrutschern möglich ist. Baerbock ist für das Amt nicht nur ungeeignet, sondern schädlich. Dass die Einmischung in die Angelegenheiten anderer Länder ein völkerrechtliches No-Go ist, interessiert Baerbock ohnehin nicht. Völkerrecht ist ja immer auch ein bisschen Ansichtssache, mag die Außenministerin denken, die von sich behauptet, über maßgebliche Kenntnisse in internationalem Recht zu verfügen.

Jedenfalls war die Stimmung gegenüber Deutschland schon vor dem Besuch Baerbocks in Neu-Delhi eher angespannt. Die Tagesordnung, die Baerbock mitgebracht hatte, war dann kein Stimmungsaufheller. Der Begriff "regelbasierte Ordnung" ist Baerbock immer ein besonderes Anliegen. Was Baerbock genau darunter versteht, ist aus ihrer Politik bisher nicht klar geworden. Heute hü und morgen hott. Für jedes Land gelten unterschiedliche Regeln: Was man in einem verurteilt, ist woanders gerade recht − alles, wie es der transatlantisch orientierten und geführten Außenministerin eben gerade so ins Konzept passt.

Die Welt außerhalb des kollektiven Westens versteht unter "regelbasierter Ordnung" den hegemonialen, neokolonialen Anspruch des Westens, dass die Regeln vor allem in Washington gemacht werden und sich die Welt zu fügen hat − und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Baerbock sollte den Begriff in die Tonne kloppen. Er macht deutlich, dass sie nichts Gutes im Schilde führt. 

In der ehemaligen Kronkolonie Indien von "regelbasierter Ordnung" zu sprechen und ihre Einhaltung zu fordern, ist daher ein gewagtes Unterfangen. Baerbock tut es dennoch. Sie sieht durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine die regelbasierte Ordnung verletzt und wirbt in Indien darum, sich den Sanktionen des Westens zur Bestrafung Russlands anzuschließen. Aktuell geht es zudem um die Durchsetzung des von der EU beschlossenen Ölpreisdeckels. 

Indien unterstützt − wie viele andere Länder des globalen Südens − die antirussischen Sanktionen nicht. Im Gegenteil: Die Sanktionen des Westens werden verurteilt, weil sie die Entwicklung der Weltwirtschaft dämpfen und arme Länder besonders hart treffen. In Indien werden inzwischen auch ganz offizielle Stimmen laut, die fordern, den Moment zu nutzen und die westlich basierte Ordnung abzulösen. Indien kooperiert seit Jahren intensiv mit Russland und hat die Zusammenarbeit vor allem im Energiebereich nach dem Beginn der militärischen Spezialoperation Russlands in der Ukraine noch ausgebaut. Auch im Bereich der Rüstung ist Russland ein wichtiger Kooperationspartner. Die Angebote, die Baerbock vor diesem Hintergrund Indien machen kann, wirken − mit Verlaub gesagt − ärmlich. 

Eingerahmt wird der Besuch Baerbocks von Zusammenkünften mit Vertretern von NGOs. Auf der Webseite des Außenministeriums ist zu erfahren, dass es um Frauen- und Minderheitenrechte in Indien nicht zum Besten steht. Da hat die Außenministerin doch ein Thema, an dem sie ihren moralischen Zeigefinger aufrichten kann. Nicht nur kooperiert Indien mit Russland, löst sich immer weiter aus der Dollar-Hegemonie und betreibt Rohstoffhandel in lokaler Währung. Nein, auch im Bereich Gleichstellung sind Defizite erkennbar und Baerbock hat ihr Thema, auf dem sie gern rumreitet. Feministische Außenpolitik nennt sie die permanente, besserwisserische Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder auf Grundlage einer tief in der westlichen Weltsicht verwurzelten Agenda. Sympathischer macht sie die deutsche Außenpolitik mit ihren Mahnungen freilich nicht, zumal bekannt ist, dass Deutschland immer dann bereit ist, wegzugucken, wenn es im eigenen Interesse liegt. 

Wie sehr die Welt Deutschland für seine bigotte Moralisiererei verhöhnt, machte Katar gerade der deutschen Nationalelf klar. Diese hielt sich vor Spielbeginn den Mund zu und machte damit auf eine vermeintliche Unterdrückung der Meinungsfreiheit aufmerksam. Die FIFA hatte zuvor das Tragen einer "One Love" genannten Armbinde untersagt, die auf mangelnde LGBT-Rechte im Austragungsland Katar aufmerksam machen sollte. Nach dem Ausscheiden der deutschen Elf in der Vorrunde verabschiedeten sich die Katarer mit Hohn und Spott. In einer Fernsehsendung winkte man der deutschen Elf mit vorgehaltener Hand zum Abschied. Schon unmittelbar nach der populistischen Geste der deutschen Elf kursierten in den sozialen Netzwerken Bilder von Fußball-Fans, die sich über Deutschland und die deutsche Mannschaft lustig machen. Vor diesem offenkundigen Scheitern deutscher Moralpolitik im Ausland sollte man die Strategie überdenken. Hoffnung darauf, dass dies geschieht, gibt es jedoch kaum. Deutsche Politik hat sich gegen die Außenwelt in diesem Punkt weitgehend abgeschottet und besteht darauf, mit ihren populistischen Maßregelungen im Prinzip Recht zu haben. 

Man nimmt Deutschland nicht ernst. Und das aus gutem Grund, denn Deutschlands zur Schau getragene Moral ist für jeden erkennbar geheuchelt. Deutsche Politik sollte den moralischen Zeigefinger umgehend und auf allen Ebenen zurückziehen. Er schadet deutschen Interessen weit mehr als er irgendeiner Minderheit irgendwo auf der Welt nutzt. Dessen ungeachtet wird Baerbock wohl auch in Indien die Frauenrechte anmahnen und versuchen, sich und Deutschland mit der Aura einer heileren Welt zu versehen. Glauben wird man ihr freilich nicht. 

Baerbock wird zudem versuchen, Indien zur Einhaltung des Ölpreisdeckels zu bewegen, den die EU beschlossen hat. Es bedarf − nicht nur vor dem Hintergrund deutscher Brüskierung und moralischer Hybris − wenig prophetischer Begabung, dass sich Indien dem Ölpreisdeckel nicht anschließen wird. Es setzt auf gute wirtschaftliche Verbindungen zu Russland. Indien ist gemeinsam mit Russland und China Mitglied in transnationalen Organisationen, die allein durch die Zahl der Menschen, die sie repräsentieren, westliche Zusammenschlüsse weit in den Schatten stellen. Es steht nicht mehr in Frage, dass die Länder, die sich hier zusammengeschlossen haben, die in die Krise geratene UNO und ihre Organisationen auf Grundlage des Völkerrechts nachbauen werden. Dort liegt die Zukunft nicht nur Indiens. Die Kooperation mit einem im wirtschaftlichen Abstieg befindlichen Deutschland wirkt uninteressant − eine Außenministerin, die moralisierende Argumente wie eine Monstranz vor sich herträgt, macht Deutschland nicht attraktiver. 

Lächerlich wirkt auch, dass die Außenministerin nicht verstehen will, dass ein Diktat gegenüber anderen Ländern, sie mögen sich bitte wirtschaftlich selbst schaden, um westliche Rachegelüste gegenüber Russland zu befriedigen, zu nichts führen wird. Im Gegenteil: Die Länder werden außerhalb der EU den Wettbewerbsvorteil nutzen, den ihnen die EU durch die verfehlte Selbsteinschätzung ihrer Macht und der damit einhergehenden ökonomischen Selbstentleibung bietet. Baerbock wird wie immer mit leeren Händen zurückkehren. 

Begleitet wird Baerbocks erfolgloser Auftritt in Indien von einer ebenfalls wie immer sehr wohlwollenden deutschen Berichterstattung. Diese vermittelt den deutschen Medienkonsumenten, Deutschland sei einflussreich und die deutsche Position würde in der Welt gehört. Das ist längst nicht mehr der Fall. Gerade die völlig ergebnislosen Reisen Baerbocks bezeugen den immer weitergehenden Einflussverlust Deutschlands. Verschuldet hat ihn eine den geopolitischen Kräfteverschiebungen völlig unangemessene deutsche Politik, für die auch die Personalie Baerbock mehr als bloß symbolisch steht. 

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